Von Potenzialen und Hürden: Privates Carsharing im Test #Hausflotte
“Das Potenzial von privatem Carsharing ist enorm – zumindest in der Theorie”
ist Frank Hansen, Lead Strategist Sustainable Mobility bei der BMW Group, überzeugt. Gerade in Großstädten, in denen der öffentliche Raum knapp ist und parkende Autos ein wachsendes Problem darstellen, könnte das Teilen des eigenen Autos zu einem entscheidenden Teil der Lösung werden.
Während wir alle über die Verkehrswende diskutieren, gibt es in Deutschland mehr Autos denn je. Mit rund 43,3 Millionen privaten Fahrzeugen hat die Pkw-Dichte einen neuen Rekord erreicht - eine Entwicklung die sich auch in München widerspiegelt. 760.000 Autos sind hier zugelassen. Diese Vielzahl an Fahrzeugen steht durchschnittlich 23 Stunden am Tag ungenutzt herum und beansprucht wertvollen öffentlichen Raum. Fakt ist aber auch: 60 Prozent der Münchner Autobesitzer:innen sind aufgrund ihrer Mobilitätsbedürfnisse nicht vom privaten Fahrzeug abhängig. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von BMW und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in München.
Starke Argumente also, die für eine effizientere Nutzung des Privat-Pkw sprechen. Ein geteiltes Auto kann, je nach örtlichen Verhältnissen, vier bis zehn private Fahrzeuge ersetzen, wie das Umweltbundesamt errechnet hat. Wir finden, privates Carsharing stellt einen wichtigen Lösungsbaustein dar, um individuelle Mobilität in Städten, im Umland und auf dem Land bedarfsgerechter und gleichzeitig effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Nutzer:innen profitieren dabei von zahlreichen Vorteilen, darunter die Reduktion der steigenden Unterhaltskosten, die Stärkung der nachbarschaftlichen Gemeinschaft und der persönliche Beitrag zu einer lebenswerten Stadt.
Starke Argumente also, die für eine effizientere Nutzung des Privat-Pkw sprechen. Ein geteiltes Auto kann, je nach örtlichen Verhältnissen, vier bis zehn private Fahrzeuge ersetzen, wie das Umweltbundesamt errechnet hat. Wir finden, privates Carsharing stellt einen wichtigen Lösungsbaustein dar, um individuelle Mobilität in Städten, im Umland und auf dem Land bedarfsgerechter und gleichzeitig effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Nutzer:innen profitieren dabei von zahlreichen Vorteilen, darunter die Reduktion der steigenden Unterhaltskosten, die Stärkung der nachbarschaftlichen Gemeinschaft und der persönliche Beitrag zu einer lebenswerten Stadt.
Pilotprojekt #Hausflotte – Erkenntnisse aus der Praxis
Welche Potenziale und Hürden bietet privates Carsharing in der Praxis? Mit dieser Frage im Blick fiel im November 2022, im Rahmen unseres Co-Innovationsformats citizen mobility, der Startschuss für das Pilotprojekt #Hausflotte. Gut ein Jahr lang haben wir, das Team des Digital Hub Mobility von UnternehmerTUM, zusammen mit unseren Projektpartnern Landeshauptstadt München, Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), BMW Group, Designit und dem Startup Anymove, Herausforderungen rund ums private Carsharing beleuchtet und mögliche Lösungen vertestet. Wir konnten interessierten Bürger:innen in und um München nachbarschaftliches Carsharing näherbringen und haben diese dabei unterstützt, eine Hausflotte auf die Straße zu bringen. Mit dem Ziel, (Einstiegs-)Hürden zu verstehen und Zukunftspotenziale zu identifizieren.
Was ist eine Hausflotte?
Die Idee ist simpel: In einer #Hausflotte schließen sich Nachbar:innen, Bekannte und/oder Freund:innen zusammen, um sich private Autos (oder andere Verkehrsmittel) zu teilen. Hierfür stellt mindestens eine Person ein Auto für die anderen Hausflotte-Mitglieder zur Verfügung. Der wichtigste Unterschied zu existierenden Plattformen für privates Carsharing ist der geschlossene Nutzerkreis. Die Teilnehmer:innen kennen sich und vertrauen im Idealfall einander. So soll die größte Hürde von privatem Carsharing – fehlendes Vertrauen - abgebaut werden. Zusätzlich geht es bei einer Hausflotte nicht darum, Gewinne zu erzielen, sondern die Kosten für Nutzung und Unterhalt zu decken bzw. zu reduzieren.
Um den Start einer Hausflotte möglichst niedrigschwellig zu gestalten, haben wir einen Leitfaden mit Tipps und Tools entwickelt. How to #Hausflotte in vier Schritten: Mitnutzer:innen in der Nähe finden, Versicherung klären, Regeln festlegen (Mietpreis etc.) und Hausflotte organisieren – von Buchung über Schlüsselübergabe bis zur Bezahlung.
“Wenn’s läuft, dann läuft’s” – Das Experiment #Hausflotte
“50 Hausflotten bis Ende 2023 auf die Straße bringen.” Das war unser selbst gestecktes Ziel, um möglichst viel Feedback zu sammeln und Erkenntnisse über das Skalierungspotenzial zu erhalten. Über 100 Interessierte konnten wir für eine Anmeldung zum Pilotprojekt begeistern. Tatsächlich geteilt haben im Pilotprojekt jedoch nur acht Hausflotten mit etwas mehr als 20 Nutzer:innen.
Dabei waren unsere gestarteten Hausflotten sehr erfolgreich. In der Praxis verlief die Organisation und der Betrieb der Hausflotten reibungslos. Benita aus Schwabing berichtet: „Eine Hausflotte, in der alle freundlich miteinander kooperieren, kann eigentlich nur gut funktionieren.“ Die Umsetzung des Konzepts erweist sich als ausgesprochen flexibel und individualisierbar. Das Projekt hat gezeigt, dass es eine passende Zielgruppe gibt, die nur selten ein Auto braucht und offen für privates Sharing ist. Auf der anderen Seite braucht es auch Zeit, um loszulegen: „Ich habe lange nach jemandem gesucht, der sich mit mir das Auto teilen möchte“, betont Tanja aus Fürstenfeldbruck. Ein weiteres Learning: Das Prinzip privates bzw. nachbarschaftliches Carsharing scheint nicht selbsterklärend zu sein. Insbesondere zu Beginn gilt es viele Fragen zu klären. Dies ist zeit- und kostenaufwendig und lässt sich zudem schlecht skalieren.
“Müsste man eigentlich mal machen” – 3 Hürden von privatem Carsharing
Viele Interessierte halten nachbarschaftliches Carsharing für eine gute Idee, zeigen perspektivisch jedoch nur wenig Tatendrang. Woran liegt das?
1. Organisatorische Hürden
Es gibt viele Fragen rund um die Themen Organisation, Steuern und Versicherung. Geht es darum, sich in einer Hausflotte zu organisieren, kann eine schlanke technische Lösung die Koordination vereinfachen. Dies sei jedoch kein EntscheidungskriteriumEnabler, sondern eher ein Nice-to-have, berichtet Tom Packebusch, Head of Product bei Anymove, aus der Praxis. Die Teilnehmenden sind vor allem bei rechtlichen Fragen zu Steuern und Versicherung verunsichert.
2. Psychologische Hürden
Die größten Einstiegshürden betreffen psychologische Aspekte, vor allem Vertrauen, Verfügbarkeit und Motivation. Das Teilen eines Pkw ist mit Aufwand verbunden. Das Projekt zeigt, dass diese Hürden oft größer sind als die intrinsische Motivation, so Jens Roeper, Managing Partner bei Designit. Um diese Motivatoren besser zu verstehen und in der Kommunikation gezielter anzusprechen, wurden bei einem gemeinsamen Workshop drei Mindset-Typen definiert: Die “Sustainable Changer” werden von einem großen Nachhaltigkeitsbedürfnis getrieben, sie möchten soziale Verantwortung übernehmen. Die “Zweckgebundenen Pragmatiker:innen” dagegen orientieren sich bei ihrem Mobilitätsverhalten an Preis, Leistung und Benefit. Sie entscheiden sich dann für das private Autoteilen, wenn dies die beste Option darstellt. Besonders wichtig ist dabei ein Vertrauensverhältnis und eine möglichst flexible und komfortable Lösung. Anders ist das bei den “First Movern”. Sie wollen die ersten sein, die neue Formate ausprobieren - dabei geht es besonders darum, ein Statement zu setzen.
3. Regulatorische Hürden
Darüber hinaus zeigt das Projekt, dass es zu wenige effektive Push- und Pullfaktoren gibt. Das zeigt sich zum Beispiel an den Kosten für Bewohnerparken, erklärt Johannes Horvath, Projektmanager Forschung & Innovation im Mobilitätsreferat der Landeshauptstadt München, bei der Vorstellung der Projektergebnisse am 23. Januar 2024: „Das Bewohnerparken – in dicht besiedelten Städten wie München – ist viel zu günstig und sollte mehr kosten als 30 Euro jährlich.“ Denn diese geringen Kosten incentivieren Menschen, ihr selten genutztes Fahrzeug im öffentlichen Raum nahezu kostenlos abzustellen. Wie lässt sich also das Teilen privater Autos attraktiver machen? Welche Anreize könnten Gesetzgeber oder Kommunen anbieten? Müssen Parkraum und der individuelle (oft ineffiziente) Besitz eines Pkw höher bepreist werden?
Privates Carsharing: Ist die Zeit reif?
Das Pilotprojekt #Hausflotte zeigt, dass es eine grundsätzliche Offenheit rund um das Thema nachbarschaftliches Autoteilen gibt. Während die technischen Hürden gering sind, sorgen jedoch die Bereiche Organisation, Versicherung und Steuern für „Hürden im Kopf“. Hier ist ein Mindset Shift gefragt. Den Weg dahin kann eine gute Kommunikation ebnen. Dabei spielt es eine entscheidende Rolle, dass die intrinsische Motivation der Nutzer:innen höher ist, als die vermeintlichen Hürden. Wir glauben, dass die Zeit bald reif sein könnte für den Durchbruch von privatem Carsharing. Doch dafür braucht es einen Push von regulatorischer Seite. Um privates Carsharing zum Fliegen zu bringen, brauchen wir niedrigere Hürden und größere Anreize.
#Hausflotte 2024 – Wohin geht die Reise?
Wir haben viel gelernt – über (Einstiegs-)Hürden und vielversprechende Potenziale von privatem Carsharing. Dieses Wissen wollen wir teilen. Seit dem Abschluss des Pilotprojekts im Januar 2024 ist die Hausflotte-Website als Info-Plattform für Interessierte im Einsatz. Dort haben wir die wichtigsten Erkenntnisse, Tipps und Tools gesammelt, um weitere Hausflotten auf die Straße zu bringen. Zudem ist zusammen mit dem Mobilitätsreferat der Landeshauptstadt München ein Info-Paket für Münchner Neubürger:innen rund um das Thema nachbarschaftliches Autoteilen geplant. Darüber hinaus wollen wir weitere Potenziale des Hausflotte-Konzepts ausloten – sowohl in Zusammenarbeit mit dem Münchner Cluster für die Zukunft der Mobilität in Metropolregionen (MCube) als auch mit unseren Partnern, der BMW Group und Anymove.
Wie gelingt Innovation durch Kollaboration?
Das Projekt #Hausflotte setzt bei zentralen Mobilitätsherausforderungen der Stadt an: „Jede:r sieht sie, jede:r erlebt sie, tagtäglich. Wir ergreifen bereits Maßnahmen, aber diese stoßen immer wieder an ihre Grenzen“, berichtet Melanie Grötsch, die den Bereich Forschung im Mobilitätsreferat der Landeshauptstadt München, leitet, bei der abschließenden Podiumsdiskussion. „Deshalb sind wir stets auf der Suche nach neuen Ideen und Lösungen. Da ist es für uns besonders spannend, Teil eines solchen kollaborativen Projekts zu sein, das verschiedenste Seiten beleuchtet.“
Wir sind überzeugt, dass die komplexen Herausforderungen der Mobilität nur gemeinsam gelöst werden können. Deshalb bringen wir mit unserem Co-Innovationsformat citizen mobility Expert:innen aus Unternehmen, Startups und der städtischen Verwaltung mit Bürger:innen zusammen, um im realen Umfeld wertvolle Praxiserkenntnisse zu sammeln. So setzen wir Impulse für die nachhaltige Mobilität von morgen. Von der Idee zum Prototypen, mehr Sprint als Marathon: „Wir haben mit citizen mobility die Möglichkeit, innerhalb von sechs Monaten zu experimentieren und gemeinsam Lösungen zu testen – mit Bürger:innen. So können wir als Organisation wirklich schnell Sachen ausprobieren und die Erkenntnisse weiterverwerten“, ergänzt Kevin Wilke, Innovationsmanager der Stadtwerke München/MVG.
Und das nächste Projekt steht bereits in den Startlöchern. Welches Thema wir gemeinsam mit unseren Partnern angehen möchten, werden wir in den kommenden Wochen entscheiden. Falls du Interesse hast, mehr zu erfahren, melde dich gerne bei uns.
Und das nächste Projekt steht bereits in den Startlöchern.
Welches Thema wir gemeinsam mit unseren Partnern angehen möchten, werden wir in den kommenden Wochen entscheiden.
Ihr habt Interesse mehr zu erfahren? Oder Ihr könnt Euch vorstellen gemeinsam mit uns und unseren Partner Innovationen voranzutreiben bzw. Teil unseres Ökosystems zu werden?