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Schnellladen als der fehlende Baustein für den Erfolg der E-Mobilität in Städten?

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Das Mobilitätsreferat der Stadt München bezieht Ergebnisse des Pilotprojekts "Urbanes Schnellladen" in die Planung ein

Elektroautos erobern die Straße. Allein 2021 wurden laut Statista 356.000 Pkws mit reinem Elektroantrieb zugelassen - etwa 54% mehr als im Vorjahr. Um mit der wachsenden Nachfrage Schritt zu halten, ist der flächendeckende Ausbau der Ladeinfrastruktur von großer Bedeutung. Für den Erfolg der Elektromobilität bedarf es vor allem in Städten einer intelligenten Ladeinfrastrukturstrategie, um die zunehmende Anzahl an Elektrofahrzeugen auf den knappen urbanen Flächen laden zu können.

Schnellladesäulen könnten den Bedarf an Flächen in Städten entlasten. Sie überzeugen durch ihre kurze Ladedauer. Im Vergleich zu einer normalen AC-Ladesäule, die mit bis zu 22 kW ca. zwei bis vier Stunden für einen kompletten Ladevorgang benötigt, haben Schnellladestationen mehr Power. In nur 30 Minuten lassen sich damit ungefähr 250 km Reichweite erzielen, etwa der deutsche Wochendurchschnitt an Fahrleistung. Autos stehen somit vergleichsweise kürzer an der Ladesäule. Zu beachten gilt es, dass Schnell-Ladesäulen (bauartbedingt) größer sind als AC-Stationen und der Anschluss an das Netz eine gute Planung benötigt.

Könnte urbanes Schnelladen die Lösung mit Blick auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Städten sein?

Im Rahmen des Co-Innovations Format citizen mobility, der Umsetzungs- und Experimentierplattform des Digital Hub Mobility, sind wir genau dieser Frage nachgegangen. Gemeinsam mit unseren Partnern aus Wirtschaft, der Landeshauptstadt München und Start-ups haben wir das Pilotprojekt “urbanes Schnelladen” initiiert und Münchens ersten Pop-up-Schnelllader in der Innenstadt getestet. Praktische Erfahrungen zu innerstädtischen Schnellladestationen fehlten in München bisher. Das Ziel des Lade-Experiments war es, durch eine praxisnahe Umsetzung neue Erkenntnisse zu gewinnen und Potenziale zum urbanen Schnelllade-Erlebnis herausarbeiten.

Im Fokus des Pilotprojekts standen dabei die Fragen:

  1. Wie wird ein Schnellladepunkt im urbanen Raum von heutigen Nutzerinnen und Nutzern angenommen?

  2. Welche Bedürfnisse haben E-Auto-Nutzerinnen und -Nutzer mit Blick auf das Schnellladen in Großstädten?

  3. Kann Schnellladen an urbanen Ladestandorten ein wichtiger Bestandteil öffentlicher Ladeinfrastruktur werden?

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Das Experiment

Von Anfang Dezember 2021 bis Mitte Januar 2022 stand den Münchner Bürgerinnen und Bürgern eine Schnellladestation (100 kW) als zusätzliche Lademöglichkeit zur Verfügung. Die temporäre Ladesäule wurde in zentraler Lage am nördlichen Teil des Leonrodplatzes aufgebaut. Zu marktüblichen Kosten konnten schnellladefähige Elektroautos dort über die gängigen Ladekarten und Apps innerhalb von nur einer halben Stunde von 20% auf 80% aufgeladen werden. Die maximale Parkdauer wurde auf eine Stunde beschränkt.

Während des Ladevorgangs konnten die Nutzerinnen und Nutzer lokale Angebote um den Leonrodplatz über die App der Start-ups &Charge entdecken und von einem Bonussystem profitieren. Über QR-Codes und Flyer vor Ort wurden sie aufgerufen ein direktes Feedback zum Nutzungserlebnis zu geben. Während des temporären Ladeangebots von 6 Wochen verglich das Team die Ladedaten der Schnelladesäule mit den Daten aus öffentlichen AC-Ladestationen. Zudem führte das Team qualitative Interviews mit Nutzern des Schnellladers durch.

Erkenntnisse

Auch wenn die gesammelten Daten limitiert sind und eine begrenzte Aussagekraft haben, geben sie einen guten ersten Einblick, welches Potential Schnellladesäulen für die urbane Ladeinfrastruktur von morgen haben.

  • Wie wird ein Schnellladepunkt im urbanen Raum von heutigen Nutzerinnen und Nutzern angenommen?

    62 Bürgerinnen und Bürger nutzten den temporären Schnelllader während des sechswöchigen Tests. Nach einer kurzen Anlaufphase wurde die Pop-up Ladesäule gut angenommen. Insgesamt bewerteten die E-Autofahrerinnen und -fahrer die Lade-Erfahrung positiv (4,1 von 5 Punkten).

  • Welche Bedürfnisse haben E-Auto-Nutzerinnen und -Nutzer mit Blick auf das Schnellladen in Großstädten?

    Die Nutzerinnen und Nutzer schätzten das Schnellladeangebot vor allem als Ergänzung zur Lademöglichkeit am Arbeitsplatz oder Zuhause. Die Auswertung macht deutlich: Schnellladen macht dort Sinn, wo es flexibel und spontan in den Alltag integriert werden kann. Etwa beim Einkaufen, dem Besuch öffentlicher Einrichtungen oder Freizeitaktivitäten. Dass es sich beim Schnellladen oft um eine “Zwischendurchladung” handelt, zeigt auch die tatsächliche Nutzung der Ladesäule. Rund 35 Minuten nutzen die E-Autofahrerinnen und -fahrer die Pop-up Ladestation im Durchschnitt. Einige Nutzerinnen und Nutzer hatten dabei auch konkrete Wünsche wie eine urbane Schnellladestation zukünftig ausgestattet sein sollte. So nannten sie u.a. ein WC, Wlan oder eine Überdachung für schlechtes Wetter.

  • Kann Schnellladen an urbanen Ladestandorten ein wichtiger Bestandteil öffentlicher Ladeinfrastruktur werden?

    Das Experiment hat deutlich gemacht, dass Schnelladen ein wichtiges Element für die urbane Ladeinfrastruktur von morgen ist.

    Schnellladesäulen unterstützen dabei, das Laden komfortabler und alltagstauglicher zu machen. Sie bieten E-Autofahrerinnen und -fahrern zusätzliche (Planungs-)Sicherheit und mehr Flexibilität. Besonders eignen sie sich an gut erreichbaren Standorten oder Flächen in der Nähe des Einzelhandels, die ein Aufladen während des Einkaufs möglich machen. Ein zusätzlicher Weg zur Ladestation entfällt dadurch.

    Schnellladen hat zudem enormes Potenzial für eine höhere Flächeneffizienz, die vor allem für den knappen urbanen Raum relevant ist. Ein Indikator für eine flächeneffiziente Lösung ist die geladene Energie (kWh) pro Ladepunkt und Tag. In unserem Experiment lag in der Auslastung des Pop-up Schnellladers die Herausforderung, aber auch das größte Potenzial. Während eine klassische AC-Ladestation in der Stadt knapp 50% des Tages belegt ist (Steckzeit), wurde an unserer Schnelladesäule nur 1,2 Stunden täglich geladen. Jedoch konnten wir selbst bei dieser niedrigen Auslastung des Schnelladers schon eine ⅔ höhere geladene Energie pro Ladepunkt und Tag erreichen im Vergleich zu den betrachteten AC-Ladern. Für die Flächeneffizienzort sehen wir noch ein großes Potential nach oben.

Fazit

Insgesamt zeigt das Experiment, dass Schnellladen im urbanen Raum ein wichtiger Baustein für eine bedarfsgerechte urbane Ladeinfrastruktur von morgen sein kann. Wichtig ist, dass die zukünftige Ladeinfrastruktur nicht nur durch eine Lösung bedient werden kann, sondern aus diversen Elementen bestehen muss. So spielen auch andere clevere Ladekonzepte wie z.B. die bessere Nutzung vorhandener Park- und Ladeflächen und deren Öffnung für unterschiedliche Nutzergruppen im Sinne von “Wallbox-Sharing” eine wichtig Rolle (Siehe “Miteinander Laden”). Die Mischung macht’s!

Auch die Landeshauptstadt München, die am Pilotprojekt aktiv beteiligt war, sieht Schnelladen im urbanen Kontext als Notwendigkeit für eine bedarfsgerechte, flächendeckende und flächeneffiziente E-Infrastruktur. Die gewonnen Erkenntnisse des Pilotprojekts fließen in die Planung Münchens zum Ausbau der Ladeinfrastruktur ein.

Beteiligte Partner & Start-ups:

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