Der Harthof im Norden Münchens soll bis Ende 2027 zu einem energiepositiven Stadtteil entwickelt werden.
Welche Rolle spielt eine energieeffiziente Mobilität dabei?
Wie wird ein Wohnquartier energiepositiv? München will bis 2035 klimaneutral werden. Ein ambitioniertes Ziel. Ein wichtiger Hebel auf dem Weg dahin sind energiepositive Stadtteile. Doch wie kann ein existierendes Wohnquartier so modernisiert werden, dass lokal mehr Energie erzeugt als verbraucht wird?
Dieser Frage widmet sich das EU-Projekt ASCEND – Accelerate Positive Clean Energy Districts. Das Ziel: In den kommenden fünf Jahren soll der Harthof im Münchner Norden zu einem energiepositiven Stadtteil werden.
Dabei stehen drei Themenfelder im Mittelpunkt – Energie, Technologie und Mobilität. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen in besonderem Maße einbezogen werden. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft will das Projektteam unter Leitung des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München mehr als 20 Maßnahmen testen und umsetzen, gefördert von der Europäischen Union.
Energiepositive Stadtteile in Europa
Gemeinsam stark: München und Lyon führen das ASCEND-Projektkonsortium als Leuchtturmstädte an. Darüber hinaus sind sechs weitere (Multiplikator-)Städte beteiligt, darunter Alba Iulia (Rumänien), Budapest (Ungarn), Charleroi (Belgien), Porto (Portugal), Prag (Tschechien) und Stockholm (Schweden). Insgesamt gehören über 40 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung aus 14 europäischen Ländern dem Konsortium an.
Wie bringt sich der Digital Hub Mobility ein?
Der Digital Hub Mobility von UnternehmerTUM ist Teil des ASCEND-Projektteams Mobilität. Die Mission: Wir zeigen exemplarisch Möglichkeiten und Wege auf, wie sich energieeffiziente Mobilität komplementär in ein energiepositives Quartier einfügt. Dabei arbeiten wir eng mit der Landeshauptstadt und dem Carsharing-Anbieter Stattauto München zusammen. Darüber hinaus bringen wir ausgewählte Start-ups aus unserem Netzwerk ins Projekt, vor allem aus dem Bereich der Ladeinfrastruktur.
Mit 4 Vorschlägen zu einer energieeffizienten Mobilität
Elektromobilität attraktiver gestalten
Eine solar versorgte Ladeinfrastruktur sowie batteriegestütztes (Schnell-)Laden tragen maßgeblich dazu bei, die E-Mobilität im Harthof so nachhaltig und attraktiv wie möglich zu gestalten. Darüber hinaus lässt sich durch eine solare Überdachung von Stellplätzen zusätzlich Strom erzeugen. Sollte dieser nicht direkt genutzt werden können, fließt der erzeugte Strom in stationäre Batterien, die wiederum später die E-Pkw im Quartier laden können.Mit Mobilitätspunkten Energie einsparen
Mobilitätspunkte – mit Carsharing, Bikesharing und E-Scootern – ergänzen den klassischen öffentlichen Verkehr und können so zu weniger Fahrten mit dem eigenen Pkw beitragen. Ob elektrisch oder konventionell: Je weniger Autofahrten, desto geringer der Energiebedarf.Mit E-Carsharing den ÖPNV aufwerten
Mit quartiersbezogenem E-Carsharing bleiben die Bewohnerinnen und Bewohner individuell mobil. Zugleich sorgt das Teilen für weniger Autos im Quartier und eine bessere Auslastung. So kann vor allem stationsgebundenes E-Carsharing den ÖPNV sinnvoll ergänzen.Smartes Quartiers-Energiemanagementsystem für optimale Stromverteilung
Ein Quartiers-Energiemanagementsystem ist ein intelligentes System zur Verteilung von Strom auf verschiedene Verbraucher oder Speicher. Eine besondere Rolle spielen dabei sogenannte flexible Verbraucher. Flexible Verbraucher sind z. B. E-Fahrzeuge, die lokale Stromüberschüsse zum Laden verwenden können. Lokale Stromüberschüsse entstehen, wenn die Photovoltaikanlagen auf den Dächern mehr Strom produzieren als von den Haushalten verbraucht wird. Ohne flexible Verbraucher oder Speicher, wie Batterien, müssen Stromüberschüsse aus dem Quartier heraus ins Stromnetz eingespeist werden. Ein Quartiers-Energiemanagementsystem sorgt also für eine optimale Verteilung des Stroms.
Stromerzeugung vs. Strombedarf im Harthof
Aktuell wird im Viertel wenig Strom erzeugt. Großes Potenzial bieten Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Abschätzungen ergeben, dass Solardächer und -fassaden genug Strom für Kühlen, Gefrieren, Kochen, Beleuchtung, Unterhaltung und sonstige elektronische Geräte im Harthof produzieren könnten.
Beim Strombedarf wird das Heizen und Warmwasser bewusst nicht berücksichtigt. Schließlich soll die Wärmeversorgung im Quartier Harthof zukünftig durch CO2-neutrale Fernwärme aus Tiefengeothermie sowie durch Heizkraftwerke mit Müll- sowie Biomasse und Wasserstoff als Brennstoff erfolgen. Daher wird im Quartier perspektivisch kein Strom für Raumwärme und Warmwasser benötigt.
Und wie sieht es mit dem Strombedarf für Pkw im Quartier aus? Angenommen, im Harthof werden zukünftig ausschließlich Elektroautos genutzt, erhöht dies zunächst den gesamten Stromverbrauch. Doch selbst in dieser Herausforderung liegt eine Chance: Einsparungspotenziale im Wohnbereich könnten potenziell zu einem Überschuss an Strom führen, der wiederum für das Laden von Elektrofahrzeugen im Quartier genutzt werden kann. Um sicherzustellen, dass der Strombedarf auch in Zeiten ohne Überschüsse aus lokaler Erzeugung gedeckt ist, müssen externe Stromquellen herangezogen werden. Ein integrierter Ansatz zur Optimierung des Energieverbrauchs und zur effizienten Nutzung erneuerbarer Ressourcen ist daher von entscheidender Bedeutung für eine nachhaltige und umweltfreundliche Entwicklung des Quartiers.
Nachhaltige Mobilität - ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität Münchens
Von Mobilitätspunkten bis zum stationsgebundenen E-Carsharing im Quartier: Im Projekt ASCEND werden Vorschläge, die eine möglichst energieeffiziente Mobilität betreffen, auf allen Ebenen untersucht. Dazu gehören auch zusätzliche Möglichkeiten zur Stromerzeugung, wie die Überdachung von Parkplätzen mit PV-Anlagen und die Integration von Solarmodulen in Fassaden. Um Stromerzeugung und -bedarf zeitlich in Einklang zu bringen, sind perspektivisch batteriegepufferte Ladesysteme relevant, da diese zudem das Schnellladen ermöglichen.
Während der durchschnittliche Verbrauch für das Wohnen sich in etwa mit der möglichen lokalen Stromerzeugung durch Photovoltaik deckt, stellt der Strombedarf für E-Pkw noch eine Herausforderung dar. Bleibt der Fahrzeugbestand im Quartier ähnlich wie heute, könnte dies zu Engpässen führen. Um diese zu vermeiden, sind neben Einsparungspotentialen im Bereich Wohnen in erster Linie leistungsfähige Infrastrukturen wichtig, die dem Viertel zusätzlich Energie zuführen können, bspw. stärkere Stromleitungen. Weitet man das Ganze auf andere Stadtviertel aus, mit weiteren Verbrauchern, kämen perspektivisch saisonale Speichertechnologien wie Wasserstoff infrage.
Zukunftsorientierte Mobilität gemeinsam vorantreiben
Gemeinsam mit den engagierten Projektpartnern arbeitet der Digital Hub Mobility bis 2027 an der Umsetzung der oben genannten Maßnahmen und der zentralen Herausforderung: Wie kann ein Viertel energiepositiv werden? Auch wenn der Rückblick auf das erste Jahr gezeigt hat, dass noch viel Arbeit vor dem Team liegt, sind wir voller Begeisterung und Zuversicht und freuen uns auf die zukünftige Entwicklung.
Denn wir sind überzeugt, dass die komplexen Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam gelöst werden können. Aus diesem Grund bringt der Digital Hub Mobility Unternehmen aus den Bereichen Mobilität, Energie und Technologie sowie Start-ups, Wissenschaft und Kommunen zusammen mit dem Ziel, nachhaltige Mobilität voranzutreiben und neue Lösungen kollaborativ zu entwickeln, die sichtbare Impulse setzen.
Wenn Ihr vor ähnlichen Herausforderungen steht, Ideen habt, die unsere Arbeit im Projekt ASCEND unterstützen können oder gemeinsam mit uns nachhaltige Mobilität vorantreiben wollt, freuen wir uns von Euch zu hören!